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Erfahrungsbericht Sainte-Soline

Am Wochenende vom 25.03.2022 kamen im kleinen westfranzösischen Dorf Sainte Soline über 20.000 solidarische, wütende und revolutionäre Menschen zusammen, um am Protest gegen die Riesenbecken teilzunehmen, die unter anderem Auswirkungen auf die direkte Umgebung und den Grundwasserspiegel haben. Ebenso kann man Wasser so leichter privatisieren.

 

 

 

Unsere Internationale Gruppe kam auf dem Camp, dass ein regionaler Bauer zu Verfügung stellte, in der Nacht auf Samstag an. Im Regen und im Matsch wurde ein paar Stunden geschlafen, bis man unter Polizeihelikopter Geräuschen aufstand. Verpflegung, Toiletten und medizinische Versorgung standen allen frei zu Verfügung. Bedingungslose internationale Solidarität steht an erster Stelle. Vormittags machten sich die ersten Gruppen auf den Weg zum Becken.

Zuerst wurde ca 10 km gelaufen, bis die 2 km breite Sperrzone ereicht wurde. Die Stimmung auf dem hinweg war gut. Der Protest hatte militante und weniger militante Gruppen. Es war aber alles gut durchdacht und organisiert. Das Ziel: das Becken zu besetzen. Als man das Becken mit dem 8 m hohen Wall, umrundet von der Gendamerie Mobil sah, heizte sich die Stimmung ein. 3000 Bullen beschützen ein scheiss Loch im Boden dass überwiegend negative Auswirkungen auf Mensch und Natur hat. Abgesehen von dieser absurden Sachlage, musste man sich auf den Augenblick konzentrieren und seine Kräfte einteilen. Als mehrere Gruppen unserer Genoss:innen auf die massivst befestigt und bewachte „Festung“ unter Gesang und Trommeln zuliefen, flogen direkt die ersten Tränengasgranaten, Blendgranaten und Schockgranaten. Die rund 600 , mit Verstärkten Transpis, Schildern, Schutzbrillen und Gasmasken ausgerüsteten Menschen standen 3000 Bullen gegenüber die ohne Rücksicht auf Verluste loslegten um uns vom Becken fernzuhalten. Es war laut, es war unübersichtlich. Wir wussten genau, die französischen Bullen lieben Gewalt und sind auch nicht so zimperlich. Massenbewegungen wie Gilet Jaunes haben gezeigt dass die Bullen nach ihren Befehlen handeln, auch wenn es heisst dafür Tote in Kauf zu nehmen. Verletzte, Tote, alles für das beschützen von Eigentum. Der Protest antwortete auf die ersten Verletzten durch Flashballs und Splitter von Schocklgranaten mit Feuerwerk, Steinen und Molotowcocktails. Ab den ersten Minuten eskalierte die Situation. Es wurde langsam klar, dass wir das Becken nicht erreichen können. In den vordersten Reihen blieben Genossinnen links und rechts von einem liegen durch Flashballbeschuss (LBD) an den Kopf und Schockgranaten auf Kopfhöhe und neben den Füssen. Immer mehr Verletzte wurden zurückgetragen, während unsere Gruppe 20-30 Meter entfernt der Polizeiketten kämpfte und schon viele unserer Gruppe nicht mehr auffindbar waren. Erst später erfuhren wir, dass auch diese schon verletzt wurden und weiter hinten erste Hilfe bekamen. Nichts desto trotz war die Motivation etwas zu erreichen unserer Seits hoch. Der Zweck und die Hoffnung übetrifft in solch einem Moment das eigene Wohlbefinden. Wir erwischten trotz Unterzahl und im Gegensatz zu den Staatsdienern schlechter Ausrüstung und Waffen die ersten ihrer Autos und liessen diese in Flammen aufgehen. Die Euphorie war enorm, doch gleichzeitig war dieser Kriegsähnliche Zustand für viele Genossen und Genossinnen zu viel und sie zogen sich zurück. Nicht alle waren auf so enorme Gewalt Seitens der Blauen, nationalen, gewaltgeilen, feigen Schweinen vorbereitet. Man wusste was sie für Waffen haben. Aber nicht, dass sie diese so brutal einsetzen würden und dadurch enorme Verletzungen und sogar Tote in Kauf nehmen. Als die ersten unserer Gruppe von Geschossen am Kopf getroffen wurden ,zogen sich ein paar Leute mit den Verletzten zurück. Man suchte Sanitäter die in den hinteren Reihen der Felder schon enorm vielen Demonstranten erste Hilfe leisteten bzw. lebensrettende Massnahmen durchführten wie sich später rausstellte. Während es Vorne immernoch knallte und 4 Autos brannten, gab es neben Menschen mit Platzwunden am Kopf, offene Brüche, Granatensplitter in Beinen auch Menschen, die auf diesen Feldern um ihr Leben kämpften und dort fast Stunden rumlagen. Uns wurde bewusst, dies ist keine normale Demonstration. Das sind kriegsähnliche Zustände.

Nach ca. 1 stunde zog man sich langsam zurück um die erste Bilanz zu ziehen. Viele Verletzte (ca.200) davon 40 schwer verletzt. Zwei Leute fielen ins Koma doch dass war noch nicht allen bewusst als man dort auf den Feldern stand und klarkam mit dem was dort passiert ist. Bullen die Waffen einsetzten die eine Stufe vor Scharfem Beschuss stehen. Bullen die dort stehen ein Loch im Boden „beschützen“ und in Kauf nehmen Leute Umzubringen. Für was ? Für ihr Land ? Für Demokratie ? Für Macron ? Für ihr Ego ? Für Recht und Gesetz ? Für Geld ? Für Eigentum ?

Während des ganzen Protests kreisen im Dauerzustand 2-3 Helis mit hochauflösender Kamera über uns. Um die Verletzten zum Camp zurück zu bringen, musste sich der ganze Protestzug in Bewegung setzten, denn in Kleingruppen würden die Bullen einem verhaften. Also wartete man auf den Feldern und suchte seine Gruppe. Es wurde Musik gespielt, getanzt, gesungen. Die Entschlossenheit und die Wut war sehr gross und viele wollten es noch einmal versuchen vorzustossen. Jedoch hatten unsere Medics kein Material mehr um Erste Hilfe zu leisten und aufgrund der hohen Anzahl an schwereren Verletzungen rieten sie davon ab. Also zog man langsam den langen Weg richtung Camp zurück. Dort wurden die Verletzen noch gründlicher versorgt und Massnahmen gegen mögliche Repression der Bullen ergriffen. Viele Gruppen traten nun den Heimweg an. Das enorme Ausmass der Repression wird uns erst später klar. Alle büssen lassen, welche für eine gerechtere, bessere Welt kämpfen wollen. Alle einschüchtern und verletzen, die sich der Norm und dieser kaputten Welt entgegensetzen. Die Bullen sind die Gewalt des Staates und wie wir uns hier in der Schweiz als Bewegung über Pfefferspray und Gummischrott aufregen, wurde uns bewusst, dass wir an diesem Tag unser Leben, oder das unserer engsten Freund:innen hätten verlieren können. Für eine bessere Welt nehmen wir das in kauf und uns ist bewusst das diese Welt, in dem jetzigen Zustand von Bullen beschützt wird auch wenn sich dadurch unsere Leichen stapeln. Wann ist der Punkt an welchem das Morden und Scharfschiessen für den Schutz von Eigentum legitim wird? Um gerechtes, faires, gutes leben für alle fernzuhalten? Dieses Gefühl in diesem Feld ist unbeschreiblich, Wenn überall neben dir nur noch Explosionen von Granaten zu hören sind und du nicht weißt was es ist oder wen es getroffen hat. Der Mut jeder Person welche an diesem Tag zu den Becken lief, inspiriert und ermutigt uns.

Wir sind froh Teil dieses revolutionären Protestes gewesen zu sein und werden den Kampf gegen Staat und Kapital weiterführen. Wir bewundern die bedingungslose und grenzenlose Solidarität die wir erlebt haben, die Organisation des Camps und des Protests. Außerdem Danken wir jedem /jeder Medi der im Einsatz war und Leben gerettet hat und schlimmeres verhinderte.

In Sainte-Soline standen wir auf den Feldern für den Kampf um Wasser und gegen deren privatisierung. In vielen Städten in Frankreich stehen unsere Freund:innen auf den Strassen gegen die Rentenreformen und Regierung. Erheben wir uns überall und erkämpfen wir uns eine bessere Welt.

PASSAGE EN FORCE!

https://barrikade.info/article/5820