angst.jpg
g71.jpg
rheinmetall-entwaffnen.jpg
räte01.jpg
siko2.jpg
pag4.jpg
previous arrow
next arrow

Solidarität und Hoffnung statt Verschwörungswahn und Sozialdarwinismus
Gesellschaftskrise Corona
Die Corona-Krise ist nicht nur eine medizinische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung. Während die Ausgangsbeschränkungen bisher ein Massensterben wie in Italien, England und den USA verhindert haben, haben die Covid-19 Pandemie und ihre Bearbeitung gesellschaftliche Probleme verschärft und sichtbar gemacht. Die Arbeitsbedingungen unter den mehrheitlich migrantischen Arbeiter*innen in Pflegeberufen, Fleischproduktion, Erntehilfe und Logistik sind weiter verschärft. Die Situation von Opfern Häuslicher Gewalt, psychisch Kranken, Menschen mit Behinderungen, LGBTQi+-Personen, POCs, Geflüchteten und Gefangenen sind noch einmal schwieriger als vor der Krise. Die Schließung von Schulen und Kitas ist nicht nur eine erhebliche Belastung für Kinder und Jugendliche - es sind besonders Frauen, die die Zusatzbelastung tragen, was patriarchale Strukturen verstärkt. Die mit Corona einhergehende Wirtschaftskrise trifft beispielsweise Gastronom*innen, Kulturschaffende, prekär Beschäftigte und Menschen ohne Rücklagen besonders hart, während Branchen wie die Pharma-Industrie und die Digitalökonomie profitieren. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Wiederbelebung der Wirtschaft nicht nur auf Kosten des Gesundheitsschutzes, sondern auch auf Kosten von Umwelt- und Menschenrechtsschutz geht, was angesichts der Klimakrise und der Auswirkungen von Corona im Süden der Welt katastrophal wäre. Auch die massive Einschränkung diverser Grundrechte sind vor dem Hintergrund ständiger Verschärfungen von Polizei-, Sicherheits- und Asylrecht perspektivisch brisant und gefährlich. Während wir viele der Einschränkungen aus gesundheitlichen Gründen für richtig halten, sind wir uns bewusst, dass die Gefahr besteht, dass autoritäre Politik und Überwachung langfristig normalisiert werden.
Brandgefährliche Mobilisierung von Rechts
In dieser komplexen Soziallage hat sich in den letzten Wochen mit "Hygiene-Demos" und "Corona-Rebellen" eine rechte Straßenbewegung formiert. Faschist*innen von AfD bis 3. Weg nehmen an den Kundgebungen teil und sind in den Chatgruppen aktiv. Antisemitismus ist auf den Demos omnipräsent: Verschwörungsmythen um Bill Gates und eine angebliche Neue Weltordnung auf Schildern und Flyern, T-Shirts von KenFM, Rubikon und QAnon und Menschen die sich anmaßen zu behaupten, dass zeitweise Einschränkungen von Grundrechten mit der Shoah vergleichbar sind. Die Anwesenheit von Nazis und Antisemit*innen wird generell hingenommen, manchmal gar vehement verteidigt. Ganz besonders bedrohlich ist, dass sich diesen Demos auch Menschen anschließen, die aus einem esoterischen, ökologischen Millieu stammen. Das erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich, liegt jedoch darin begründet, dass Antisemitismus, anti-modernes Ressentiment und Sozialdarwinismus in diesen Millieus eine lange Geschichte haben.
Dieser Sozialdarwinismus und der damit einhergehende Hass auf alle, die nicht ins Prinzip der Leistungsgesellschaft passen ist es auch, der eine Brücke in neoliberale Millieus schlägt. Dabei sind es genau jene Teile von Union und FDP, für die Leistung und die Profitinteressen der nationalen Wirtschaft schon immer wichtiger waren als Solidarität und Gesundheit, die im Schulterschluss mit Bild und BDI mit ihrer Anti-Lock-Down-Kampagne den Räsonanzraum für die rechte Straßenmobilisierung bieten.
Zukunft für Alle statt Verschwörungsfantasie und Sozialdarwinismus
Auch wenn das angesichts der rechten Mobilisierung der letzten Wochen schon fast wieder in Vergessenheit geraten ist, hatten wir in den letzten beiden Jahren große progressive Mobilisierungen auf der Straße.
Die Schüler*innenstreiks und Massendemonstrationen von FFF und ihren diversen Unterstützer*innen und die Aktivist*innen von Ende Gelände gingen für eine bessere Zukunft und globale Klimagerechtigkeit auf die Straße. Unteilbar, Ausgehetzt, Die Vielen, noPAG und We'll Come United haben sich der Wiederkehr einer verdrängten Vergangenheit und der Normalisierung von Faschismus, Rassismus und autoritärer Politik entgegengestellt.
Wenn wir eine bessere Welt nach Corona erkämpfen wollen, müssen wir beides verbinden. Wir müssen uns die brutale Geschichte unserer Vergangenheit vergegenwärtigen, uns mit den Komplexitäten, Widersprüchen und Ungerechtigkeiten der Gegenwart auseinandersetzen und auf dieser Grundlage eine Zukunft für alle aufbauen. Dafür müssen wir uns organisieren - und zwar in einer Weise, die die Interessen und Bedürfnisse derjenigen ins Zentrum stellt, die besonders auf Solidarität angewiesen sind - hierzulande und weltweit.
Dabei gibt es Gegner*innen und viele von ihnen versammeln sich gerade. Manche von ihnen verteidigen den krisenhaften Status-Quo oder ihre eigene Position darin, andere steigern sich in wahnhafte Verschwörungsfantasien hinein. Den Weg in eine gerechte Zukunft für alle versperren sie beide.
Während uns diese anti-solidarische Bewegung große Sorgen macht, bietet sie für uns auch die Chance, die verschiedenen progressiven Kämpfe der vergangenen Jahre zusammen zu führen. Allen praktischen Schwierigkeiten und den Wahnvorstellungen einer Meinungsdiktatur zum Trotz, gab es auch in den vergangenen Monaten progressive Politik. Deutschlandweit haben sich Menschen der Kampagne #LeaveNoOneBehind angeschlossen und am Tag der Befreiung unter dem Slogan #EntnazifizierenJetzt rechte Kontinuitäten in den deutschen Behörden thematisiert. Die Klimabewegung mahnt unter #fighteverycrisis dazu die Klimakatastrophe weiter ernst zu nehmen oder protestiert vehement gegen die #AbFCKprämie und das Kohlekraftwerk Datteln 4. Schüler*innen haben sich mit Streiks gegen gesundheitsgefährdende Abschlussprüfungen gewehrt. Solidarische Nachbarschaftshilfen sind vielerorts entstanden. Pfleger*innen organisieren sich gegen den #Pflegenotstand, Feminist*innen gegen das Wiedererstarken des Patriarchats. Es gibt Streiks in der Industrie und der Landwirtschaft.
Wir müssen diese Kämpfe verbinden und uns gemeinsam entschlossen den sozialdarwinistischen, verschwörungsideologischen und rechtsextremen Antworten auf die Krise entgegenstellen. Gleichzeitig müssen wir gemeinsam eine solidarische Antwort auf die Krise geben, die mehr ist als eine Rückkehr zur krisenhaften Normalität vor Corona. Die Welt nach Corona wird jetzt ausgehandelt und es liegt an uns, eine Gesellschaft aufzubauen, in der Freiheit, Gleichheit und Solidarität weltweit verwirklicht sind.

Bisherige Unterzeichner*innen:
>
> Ausgehetzt - das Bündnis
> Bündnis noPAG
> Die Vielen Bayern
> Seebrücke München
> Solidarity City München
> Solidarische Nachbarschaft München
> Ende Gelände München
> Klimacamp München
> ÖkoEsel
> Linkes Bündnis Gegen Antisemitismus
> Bayrischer Flüchtlingsrat
> Karawane München
> Alarmphone Team München
> ROSA
> Antifa NT
> Ligsalz 8