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Impfen als medizinische Indikation. Impfen – wo ist das Problem?

Mit den steigenden Infektionszahlen wurde mehr und mehr die Notwendigkeit einer Impfpflicht in die öffentliche Debatte eingeführt, und zwar von denjenigen, die sie zu Beginn der Pandemie am heftigsten abgelehnt hatten.

 
Hiess es im November noch „Bundesregierung eiert um Impfpflicht herum“, gibt es jetzt einen neuen Konsens.

Demnach ist alles im Programm – 3G, 2G, 2GPlus, Lockdown, Teillockdown, Abstandgebot und Mundschutz – und nach der letzten Runde der Ministerpräsidenten mit der geschäftsführenden Kanzlerin sowie nach Auskunft des künftigen Kanzlers, aber auch des FDP-Chefs Lindner soll die Impfpflicht bald kommen.

Die Pandemiebekämpfung geht also nicht einfach ihren Gang, sie scheint, trotz umfangreicher wissenschaftlicher Beratung, eine sehr komplexe, widersprüchliche Angelegenheit zu sein. Das liegt allerdings nicht an dem Erreger und der Seuche, sondern hat viel mehr mit der Verfasstheit dieser Gesellschaft zu tun.

Impfen als medizinische Indikation

Vorbeugen ist besser als Heilen, besagt eine bald 200 Jahre alte Mediziner-Weisheit. Demnach ist es besser, von vornherein die Wirkung des Virus auszuschalten als auf Medikamente zur Heilung zu setzen. Medikamente gegen Viren können den Verlauf einer Erkrankung abschwächen, ein Mittel gegen den Krankheitserreger selbst sind sie nicht. Es gibt nur zwei Arten, ihn effektiv zu bekämpfen: die radikale Kontaktunterbrechung, damit das Virus keinen Wirt mehr findet, oder die Impfung, die jedoch nur dann zur Ausrottung des Virus führt, wenn sie so umfangreich erfolgt, dass Herdenimmunität eintritt, und zwar nicht nur regional, sondern weltweit.

Beim Impfen werden abgeschwächte, getötete Viren oder Teile von ihnen in den menschlichen Organismus eingebracht, was das Immunsystem zu Abwehrreaktionen angeregt. Inzwischen gibt es auch künstlich hergestellte Impfstoffe vom sogenannten mRNA-Typ: „Die mRNA-Impfstoffe enthalten den Bauplan für einen bestimmten Bestandteil des Virus. Dieser Bauplan wird im Reagenzglas künstlich hergestellt und besteht aus mRNA. Im Fall der Covid-19-Impfung trägt der Bauplan die Anleitung für das Spike-Protein des Coronavirus.“ Die Impfung stärkt das Abwehrpotenzial, mit dem Erreger muss der Organismus dann selber fertig werden.

Die Wirkung des Eingriffs in den menschlichen Körper bedarf der Kontrolle, zum einen hinsichtlich einer schädlichen Wirkung, z.B. einer Überreaktion des Immunsystems, zum anderen zur Prüfung seiner Wirksamkeit. Für beides braucht man Versuchspersonen, die sich einem solchen Versuch unterziehen. Die ersten Impfforscher lösten das Problem zum Teil dadurch, dass sie Selbstversuche unternahmen. Die Bildung von Abwehrstoffen kann durch Blutkontrolle ermittelt werden. Menschen reagieren allerdings unterschiedlich auf Medikamente oder Impfungen, sie verfügen zudem über ein Abwehr- und Selbstheilungssystem, das individuelle Stärken und Schwächen aufweist. Deshalb wird die Wirkung eines Medikaments oder Impfstoffs in der Regel bei einer grösseren Gruppe getestet und mit einer Gruppe von Unbehandelten verglichen. So soll herausgefunden werden, ob der verabreichte Stoff besser wirkt als die Abwehr- oder Selbstheilungskräfte des Körpers.

Einwirkungen auf den menschlichen Organismus in Form von Medikamenten oder Vakzinen führen meist zu erwünschten wie unerwünschten Wirkungen – und das bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich. Die unerwünschten Wirkungen, oft auch Nebenwirkungen genannt, zeigen sich allerdings nicht bei jedem; je seltener sie auftreten, desto eher lassen sie sich bei der Anwendung in einer grösseren Gruppe nachweisen. Ob allerdings die unerwünschte Nebenwirkung gleich bei der ersten Versuchsperson oder erst bei der 10.000sten auftritt, ist damit nicht gesagt. Rein statistisch gesehen bedarf es einer Patientengruppe von 10.000 Menschen, wenn die Auftretenswahrscheinlichkeit 0,01 Prozent beträgt. In einem solchen Fall gilt eine Nebenwirkung als sehr selten. Eine Sicherheit für den Einzelnen ist damit aber nicht gegeben, schliesslich weiss man mit der Risikoangabe nicht, ob man derjenige von 10.000 ist, bei dem die unerwünschten Wirkungen auftreten.

Impfstoffe als Geschäft

Die Entwicklung von Impfstoffen überlassen die Staaten privaten Unternehmen, die damit ein Geschäft machen. Auch da, wo ein Impfstoff oder ein Medikament an einer staatlichen Universität entwickelt wird, besteht das Interesse des Forschers darin, seine Entdeckung zu Geld zu machen, ein Patent anzumelden, eine Firma zu gründen etc. Was auch politisch durchaus gewollt ist. Denn schliesslich wird aus einer wissenschaftlichen Erkenntnis nur dann ein Geschäftsmittel, wenn durchs Patentrecht diese Erkenntnis zu einem geistigen Eigentum erklärt und andere von deren Nutzung ausgeschlossen werden. So sorgt das Patentrecht dafür, dass die Impfpraxis im Prinzip auf die Staaten und Menschen beschränkt bleibt, die dafür bezahlen können.

Eine umfassende Vorbeugung wird so, wie an der aktuellen Pandemiebekämpfung im globalen Rahmen zu besichtigen ist, verhindert. Ausgerechnet der deutsche Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) weist immer wieder darauf hin, dass hier „viel zu wenig“ geschieht, dass etwa erst sieben Prozent aller Afrikaner vollständig geimpft seien und dass in Afrika unbedingt rasch gehandelt werden müsste.

Es geht bei diesen Produkten eben nicht einfach darum, dass Menschen möglichst gut geholfen wird – auch wenn die Unternehmen alles tun, um sich als humanitäre Idealisten darzustellen. Es geht vielmehr darum, aus dem investierten Kapital einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Bei der Entwicklung von Pharmaprodukten kommt es darauf an, dies in möglichst kurzer Zeit zu realisieren, um dann eine staatliche Genehmigung zu erhalten und als erster auf dem Markt zu erscheinen. Denn so kann das Unternehmen den Marktpreis diktieren, hat es doch zunächst ein Monopol, das es zu nutzen gilt. Mit dem Auftreten von Konkurrenten geht das verloren, dann spielen der Preis und die Qualität eine entscheidende Rolle.

Das Vermarktungs-Interesse steht natürlich einer gründlichen Erforschung und Prüfung entgegen. Die Überprüfung von Ungefährlichkeit und Wirksamkeit überlässt der Staat denjenigen, die mit diesem Medikament ein Geschäft erzielen wollen. Ganz gleich, ob das Unternehmen die Prüfung selber durchführt oder eine Universität damit beauftragt, es geht in beiden Fällen darum, ein positives Ergebnis zu erzielen. Forscher, die sich kritisch mit dem Produkt ihres Auftraggebers auseinandersetzen, werden wohl kaum weitere Forschungsaufträge erhalten, zudem hängen wissenschaftliche Karrieren hierzulande von der Einwerbung von Drittmitteln ab, also von Geldgebern aus der Industrie.

Die besagte Überprüfung braucht Menschen, die sich dafür zur Verfügung stellen. Und da kann die Pharmaindustrie nicht immer auf die Freiwilligkeit von Bürgern setzen. Es wird häufig Geld aufgewendet, damit sich Personen zur Teilnehme bereit erklären, wobei man weniger zahlen muss, wenn die Untersuchungen in Ländern Asiens oder Afrikas durchgeführt werden. Die Armut dort lässt sich so benutzen, hat aber den negativen Nebeneffekt, dass sich Menschen unter Umständen gleich für mehrere Studien zur Verfügung stellen, so dass nicht immer auszumachen ist, was der Effekt des untersuchten Mittels ist. Natürlich sichern sich die Unternehmen gegen diese Praxis durch entsprechende Erklärungen ab, kontrollieren können sie das aber nicht immer.

Die Zusammensetzung der ausgewählten Versuchspersonen soll möglichst repräsentativ sein, also alle möglichen Patientengruppen umfassen. Doch wirft dies gleich einige Rechtsfragen auf. Denn auch wenn die Versuchspersonen bezahlt und auf die Risiken hingewiesen werden, sind damit nicht unbedingt alle möglichen Folgeschäden abgedeckt. Daher wägen die Unternehmen von vornherein ab, ob sie die Zulassung für alle Personengruppen anstreben. Schwangere Frauen stellen z.B. ein erhöhtes Haftungsrisiko dar, und da den Frauen nicht unbedingt anzusehen ist, ob sie schwanger sind, ist ihre Einbeziehung immer schon problematisch. Schäden bei Kindern können lebenslange Zahlungen nach sich ziehen, zudem bedarf es für sie gesonderter Untersuchungen, da Kinder nicht einfach kleine Erwachsene sind. Also wird auch dort die Zulassung nicht unbedingt angestrebt.

Damit die Wirkung genau bestimmt werden kann, ist es wichtig, dass sich die Zusammensetzung von Versuchs- und Kontrollgruppe nicht unterscheidet und dadurch Unterschiede im Ergebnis entstehen. Die Verteilung von Menschen auf Versuchs- und Kontrollgruppe erfolgt nach dem Zufallsprinzip in der Erwartung, dass in der Zusammensetzung der Gruppen keine Unterschiede feststellbar sind. Ob dies auch wirklich eintritt, ist eine ganz andere Frage. Auch wenn die Studie Alte wie Junge, Männlein wie Weiblein in gleichem Umfang in den beiden Gruppen umfasst, besteht durch Auswahl der Versuchspersonen die Möglichkeit, das gewünschte Ergebnis zu beeinflussen. So können überwiegend gesunde Menschen in die Studie einbezogen werden oder mehr Menschen mit Vorerkrankungen. Gesunde werden mehr Abwehrkräfte mitbringen und von einer Impfung weniger profitieren als Menschen mit Vorerkrankungen.

Das Ergebnis hängt natürlich auch davon ab, was als Erfolgskriterium für die Impfung gewählt wird. Ist es die Zahl der Infizierten bzw. Nichtinfizierten? Oder nimmt man die Zahl der Erkrankten bzw. Nichterkrankten oder gar die Zahl der schweren Verläufe? Je nach Kriterium ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse und auch das gewählte statistische Auswertungsverfahren ermöglicht es, das Ergebnis in einem positiveren oder negativeren Licht erscheinen zu lassen. Von daher beeinflusst das Interesse am Geschäft mit Impfstoff oder Medikament ebenfalls die Prüfung der Wirksamkeit oder Ungefährlichkeit der Produkte. Dass diese Mittel des Geschäfts sind, ist daher auch die Basis für einen begründeten Verdacht gegenüber dem besonderen Warenangebot. Der Verdacht sollte sich jedoch dagegen wenden, dass sie Geschäftsmittel sind, und nicht dagegen, dass geimpft werden soll.

Der Staat als „Impfskeptiker“

In gewisser Weise ist der Staat selber der grösste Impfskeptiker, wobei seine Skepsis natürlich einen ganz anderen Inhalt hat als in der bunt gemischten „skeptischen“ Szene, die es hierzulande und anderswo gibt. Auch er weiss, dass das unternehmerische Interesse an Medikamenten und Impfstoffen nicht einfach mit seinem Interesse an einer brauchbaren Bevölkerung zusammenfällt. Deshalb erteilt er Pharmaunternehmen nicht einfach die Lizenz zum Geschäftemachen und lässt sie dann mit ihren Produkten auf die Menschheit los. Wenn es um den Bereich von Gesundheit und Krankheit geht, unterzieht er das betreffende Warenangebot einer besonderen staatlichen Kontrolle.

Es bedarf der staatlichen Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bzw. durch die Europäische Medizin Agentur (EMA – European Medicines Agency). Diese Behörden prüfen die von den Herstellern vorgelegten Unterlagen bzw. Studien über die Ungefährlichkeit und Wirksamkeit und entscheiden auf Grund dieser Angaben über die Zulassung zum Gesundheitsmarkt, der weitgehend staatlich reguliert ist. (Näheres dazu bei: S. Cechura, Unsere Gesellschaft macht krank – Die Leiden der Zivilisation und das Geschäft mit der Gesundheit, Baden-Baden 2018.)

Die Zulassung erfolgt bei Impfstoffen auf der Grundlage der Erfahrungen bei Tausenden von Impfpersonen. Unerwünschte Folgen der Impfungen, die sehr selten auftreten, zeigen sich somit nicht unbedingt in den Studien, die den Zulassungsbehörden vorliegen. Dem trägt der Staat dadurch Rechnung, dass er eine Ständige Impfkommission (STIKO) ins Leben ruft. „Die Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Impfempfehlungen für Deutschland und berücksichtigt dabei nicht nur deren Nutzen für das geimpfte Individuum, sondern auch für die gesamte Bevölkerung. Die STIKO orientiert sich dabei an den Kriterien der evidenz-basierten Medizin.“

Die evidenzbasierte Medizin begnügt sich nicht mit labormedizinischen Befunden und naturwissenschaftlichen Beweisen, sondern verfolgt das Ideal, alle möglichen medizinischen Verfahren klinischen Studien zu unterwerfen und so in ihrer Wirksamkeit zu prüfen. Dabei sollen möglichst alle verfügbaren Studien in die Prüfung einbezogen werden. Das klingt nach besonderer Gründlichkeit, wirft aber auch Fragen auf. Das Verfahren weist nämlich einen gewissen Widerspruch auf: Die Empfehlung für die umfassende Anwendung einer Impfung in der Bevölkerung soll möglichst nach einer umfassenden Datenlage, also durch Einsatz bei möglichst vielen Menschen, erfolgen. D.h., man macht die Empfehlung für die eigene Bevölkerung davon abhängig, dass anderswo das Mittel bereits massenhaft eingesetzt worden ist.

So verzögert sich u.U. der Einsatz von Impfstoffen, wie sich jetzt in der Pandemie zeigte: „Im Sommer sei zudem wertvolle Zeit verschenkt worden, da die Impfung für Kinder ab zwölf Jahren erst ‚mit viel zeitlichem Verzug durch die Stiko empfohlen worden sei‘. Richter-Scheer (Vorsitzende des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe): ‚Dadurch hat sich der gesamte Impfprozess unnötig in die Länge gezogen und kollidiert nun mit der Infektsaison und steigenden Inzidenzen‘.“ (WAZ, 23.11.21) Obgleich der Stoff in vielen Ländern geprüft und massenhaft im Einsatz ist, damit auch viele Erfahrungen über erwünschte wie unerwünschte Wirkungen vorliegen, wird er dennoch in Deutschland entsprechend der veröffentlichten Studien nochmals einer erneuten Prüfung unterzogen, um dann erst im positiven Fall eine Empfehlung auszusprechen.

Politiker, Gesundheitswissenschaftler und auch Vertreter der Medien verweisen immer wieder auf das gründliche staatliche Prüfverfahren, wenn es um die Ungefährlichkeit von Impfstoffen geht. Nur ist das staatliche Interesse an der Gesundheit seiner Bevölkerung nicht identisch mit dem Interesse des Einzelnen an seiner Gesunderhaltung. Schliesslich schützt der Staat mit seiner Hoheit das Geschäft mit der Gesundheit, und wenn er die Produkte der Pharmaindustrie prüft, dann ist das Prüfkriterium auch nicht die Verhinderung des Schadens für jeden einzelnen Bürger. Die Prüfung zielt vielmehr auf die Vereinbarkeit zwischen dem Geschäft mit Medizinprodukten und dem Erhalt der Funktionsfähigkeit der Bevölkerung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Staat den Beweis für die Tauglichkeit der Produkte den Herstellern selber überlässt.

Wenn es um die Wirkung auf die Gesamtheit der Bevölkerung geht, dann gilt der Standpunkt, dass diese tauglich bleiben soll für die verschiedenen Funktionen in der Gesellschaft – angefangen vom Arbeiten gehen, Kinder kriegen, Steuern zahlen bis zu den diversen staatsbürgerlichen Rollen und Verpflichtungen. Der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Bevölkerung schliesst ein, dass ein gewisser Prozentsatz ausfällt, krank wird oder stirbt. Dieser Standpunkt verdient daher alles andere als das Vertrauen derer, die auf einen effektiven Gesundheitsschutz angewiesen sind.

Impfangebote für freie Bürger

Für alle Bürger dieses Staates gilt natürlich das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Jeder Eingriff in den Körper bedarf daher der Zustimmung durch den Patienten, alles andere gilt als Körperverletzung. Mit diesem Grundrecht ist aber auch die Sorge um die Gesundheit zu einer Privatangelegenheit erklärt. Und das ist seltsam. Denn schliesslich kann der Einzelne nur bedingt über den Erhalt seiner Gesundheit bestimmen, hat sie also gar nicht in der Hand. Weder kann er sich den Belastungen des Arbeitslebens, den Schadstoffen in der Atemluft, den schädlichen Zusätzen in Lebensmitteln oder den Giften in Kleidung wie anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs entziehen, noch verfügt er über die medizinischen Kenntnisse und Hilfsmittel, um auftretenden Beeinträchtigungen zu begegnen. Dokumentiert wird diese Ohnmacht in den zahlreichen Gesetzen zum Arbeitsschutz, Verbraucherschutz oder in gesetzlich festgelegten Grenzwerten, die die Schädigung, wie der Name schon sagt, begrenzen und dosiert erlauben.

Das Ergebnis findet sich dann in den Statistiken zu den sogenannten Zivilisationskrankheiten, den neuen Volkskrankheiten, wieder. So meldet die Europäische Umweltagentur für das Jahr 2012 (veröffentlicht am 23.11.2020) in Deutschland über 70.000 vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung (eea.europa.eu/de/pressroom/newsreleases/zahlreiche-europaeer-sind-immer-noch/vorzeitige-todesfaelle-durch-luftverschmutzung). Also mehr Todesfälle als in einem Jahr durch Corona! Die Liste liesse sich gleich fortsetzen mit der Zahl der jährlich auftretenden Toten durch die stetige und dauerhafte Vergiftung, die sich in entsprechenden Zahlen an Krebserkrankung niederschlagen. Denn schliesslich ist auch die Liste der krebserregenden Mittel lang und z.B. Dioxin flächendeckend auf die Republik verteilt, so dass es sich auch in Bioprodukten wiederfindet.

Obgleich die Bürger selbst ihre Gesundheit nicht wirklich sichern können, werden sie von Politik und Medien ständig aufgefordert, sich entsprechend gesundheitsbewusst zu verhalten. Sie sollen sich gesund ernähren, wenig Alkohol trinken, nicht rauchen und sich viel bewegen. Essen soll also nicht einfach Genuss sein; auf die Alltagsdrogen Alkohol und Nikotin zum Aushalten der alltäglichen Beanspruchungen und als Freizeitvergnügen soll man möglichst verzichten, stattdessen die Anstrengungen des Alltags durch ein Bewegungs- und Fitnessprogramm ergänzen. Diese Sorge um die Gesundheit bringt auch die entsprechenden Resultate hervor: Einige joggen emsig, kaufen Bio und verzichten auf Alkohol und Tabak. Die Mehrheit arrangiert sich irgendwie mit den Folgen ihrer ständigen Gesundheitsschädigung, während die gesundheitspolitische Agitation aber auch eine Menge von Leuten auf die Idee bringt, ihre Gesundheit auf alternativen, esoterischen Wegen jenseits der „Schulmedizin“ zu sichern.

Bislang hat der Staat an der Position festgehalten, dass der Bürger für seine Gesundheit selber zu sorgen hat: Abstand halten, Maske tragen und die Hände desinfizieren. Mit der Entwicklung des Impfstoffes wurde der Bevölkerung dann ein Impfangebot unterbreitet, das sie gefälligst nicht ausschlagen sollte. So wurde schnell eine Impfinfrastruktur mit Impfungen in den Arztpraxen und eigenen Impfzentren aufgebaut, d.h. darauf gesetzt, dass sich möglichst viele Menschen von diesem Angebot beeindrucken und daher impfen lassen. Die Politik bekam es aber mit unerwünschten Wirkungen ihrer Gesundheitsagitation zu tun und stiess auf eine nicht unerhebliche Zahl an Impfskeptikern, die sich aus unterschiedlichen medizinischen oder politischen Motiven diesem Angebot verweigerten.

Vielen Impfkritikern sind die Zahlen der Toten, die durch die neuen, als Begleiterscheinung „der Zivilisation“ eingestuften Volkskrankheiten anfallen, ein Beleg dafür, dass es bei der Pandemiebekämpfung nicht um die Gesundheit der Bürger gehen kann. In Wahrheit verfolge der Staat, der Panikmache betreibe, mit seinen Massnahmen finstere Absichten. Übersehen wird dabei, dass die Todesfälle der Zivilisationskrankheiten kalkulierbar sind und das Funktionieren dieser Gesellschaft nicht wesentlich beeinträchtigen, sondern zu den Kollateralschäden gehören. Das neue Virus ist aber im Blick auf seine Gesundheitsschädigungen unkalkulierbar.

Das Bestreben der Pandemiebekämpfung zielt deshalb darauf, den Krankheitsverlauf kalkulierbar zu machen. Es geht also nicht einfach darum, das Virus durch einen radikalen Lockdown auszuschalten oder ihm mit einer gemeinsamen, umfassenden Impfaktion der Staatenwelt zu begegnen. Es geht um die Begrenzung des Impfgeschehens ähnlich wie bei einer Grippe. Auch da fallen reichlich Tote an, aber der Geschäftsbetrieb und damit das „normale Leben“ wird dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Warnung vor der Überbelastung des Gesundheitswesens durch Corona macht deutlich, dass es um die Begrenzung der Fallzahlen geht, idealerweise so, dass weitere Einschränkungen überflüssig werden. Angesichts von Mutationen und zeitlich beschränkter Impfwirkung wird Impfen so zur Daueraufgabe.

Weil es um die Kalkulierbarkeit hinsichtlich des normalen Lebens und dem Gang der Geschäfte geht, haben die nationalen Inzidenzzahlen eine so grosse Bedeutung, werden Massnahmen mal in Gang und dann auch wieder ausgesetzt. Wer sich dem widersetzt, wird damit schnell zum Volksfeind erklärt: „Nun sind aber diese wütenden Schwurbler zur echten Gefahr geworden. Sie wollen sich um keinen Preis impfen lassen, weil sie glauben, der Staat würde damit in ihre Freiheitsrechte eingreifen. Nicht allein, aber vor allem ihretwegen müssen diejenigen, die auf Vernunft gesetzt haben, abermals auf ihre Freiheit verzichten.“ (Hilmar Klute, SZ, 20/21.11.21)

Wie man sieht, werden hier Schuldfragen aufgeworfen. Politik wie Medien rechnen bei ihren Adressaten kaum damit, dass sie rationalen Argumenten zugänglich sind. Pädagogische Ermahnungen und moralischer Druck sind angesagt.

Impfen als Bürgerpflicht

In der Impfkampagne konnten Vertreter der Medien dafür auf geisteswissenschaftliche Hilfestellungen zurückgreifen, die erzieherische oder therapeutische Vorschläge beisteuerten: „Wann in den vergangenen Wochen gab es mal Worte der Anerkennung? Wann ein ‚Danke, dass Sie mitmachen?‘ So eine Form der positiven Verstärkung wäre dringend nötig und würde womöglich den einen oder anderen Zauderer dazu bringen, sich einen Ruck zu geben.“ (Mareen Linnartz, SZ, 24.11.21) Mit Anleihen bei psychologischen Erkenntnissen über die Konditionierung von Ratten schlägt die Autorin ein Verstärkerprogramm vor. Betrachtet werden die Bürger dabei wie kleine Kinder, die man mit etwas Schulterklopfen und Lob auf den richtigen Weg zu bringen versucht, wobei positive Verstärkung bei Tieren funktioniert, bei Kindern oft schon scheitert.

Andere setzten mehr auf soziales Lernen und Vorbilder: „Der Profi-Fussball mit seiner Vorbildfunktion und Strahlkraft muss sich dringend und mit aller Macht wieder zum Vorreiter der Corona-Bekämpfung machen.“ (Lars Wallrodt, Bild am Sonntag, 21.11.21) Eine Steigerung bestand dann in der Präsentation von Vorbildern kombiniert mit dem Verschenken von Wurstsemmeln: „Im Sommer stand niemand Schlange. Da stand hier nur Uli Hoeness mit einer Grillzange und drückte den Leuten Wurstsemmeln in die Hand mit der Ermutigung, sich impfen zu lassen.“ (SZ, 23.11.21)

Und nicht nur die Geimpften werden so gegen die Ungeimpften aufgehetzt, gleichzeitig wird die Sorge bekannt gemacht, dass es zu einer Spaltung der Gesellschaft kommen könnte, um deren Zusammenhalt sich alle kümmern müssten. „Wenige Entscheidungen haben das Potenzial, eine Gesellschaft tiefer zu spalten, als die Impfpflicht“ (Georg Mascolo, SZ, 23.11.21). Dazu gehört dann eben auch die Sorge um das sparsam ausgestattete Gesundheitssystem: „Auch Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), nannte die Situation in den Krankenhäusern am Montag ‚sehr besorgniserregend‘.“ (SZ, 23.11.21)

Mit Bildern einer Bundeswehrmaschine, die Patienten von Bayern nach Hamburg fliegt, wird der Menschheit vor Augen geführt, wohin ihre Verantwortungslosigkeit führt und welche Notlagen sie schafft. Dass mit solchen Argumenten der Vernunft des Bürgers zum Durchbruch verholfen werden soll, kann man getrost bezweifeln.

Als nicht genügend Bürger aus Eigeninteresse das Impfangebot wahrnahmen, wurde nicht der Nutzen für die eigene Gesundheit das schlagende Argument in puncto Impfung, sondern der Nutzen für die Gesellschaft. Solidarität war plötzlich gefordert. Eine merkwürdige Forderung – ist es doch erst einmal das Prinzip dieser Gesellschaft, dass jeder mit seinen Mitteln für sich selbst zu sorgen hat. Das wird ja gerade als Freiheit des Individuums – und als Gütesiegel der bundesdeutschen Gesellschaft – gefeiert. Jetzt aber wird von den Menschen, die immer ihres eigenen Glückes Schmied sein sollen, erwartet, dass sie sich für andere hergeben, dass sie solidarisch sind im modernen Sinne, nämlich Opferbereitschaft zeigen.

Dabei war Solidarität einmal ein Kampfbegriff der Arbeiterbewegung, der aus der Einsicht resultierte, dass Arbeiter nur durch Aufhebung der Konkurrenz untereinander ihre Interessen vertreten und der Macht der Unternehmer etwas entgegensetzen können. Es war gerade das Eigeninteresse, das zur Solidarität mit Kollegen führte, die sich in der gleichen Lage befanden. Jetzt steht Solidarität für das Absehen vom Eigeninteresse und als Wert für Selbstlosigkeit im gesellschaftlichen Zusammenhang, gewissermassen als (zivil-)religiöse Verpflichtung. Bischof Overbeck: „Impfen ist Ausdruck konkreter Nächstenliebe“ (Bild, 25.11.21).

Man soll sich mit Menschen solidarisch erklären, mit denen einen gar nichts verbindet, zu denen man vielmehr meist im Gegensatz steht. Schliesslich ist der Bäcker nicht solidarisch mit Hungernden und schenkt ihnen sein Brot, der Hausbesitzer lässt keinen Obdachlosen in seiner Wohnung wohnen, die er selber nicht nutzt, eine Firma ist natürlich keine Caritas usw. usf. Die Gemeinschaftlichkeit, für die der Staat eintritt, besteht in dem Interesse am Funktionieren dieser Gesellschaft. Und wo das in Gefahr ist, brandmarkt er asoziale Verhaltensweisen. „Nordrheins-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte am Dienstag, dass die Menschen, die alles getan hätten, ‚um sich, ihre Liebsten und andere zu schützen‘, nicht nachvollziehen könnten, dass wegen einer Minderheit ein neuer Lockdown riskiert werde.“ (SZ, 24.11.21)

Der Staatsmann verlässt sich allerdings nicht auf den guten Willen seiner Bürger. Mit Einschränkungen für Ungeimpfte verleiht er seinem Angebot den entsprechenden Nachdruck: „Die NRW-Landesregierung verschärft ab dem heutigen Mittwoch die Corona-Regeln und erhöht den Druck auf Personen, die sich bisher nicht impfen lassen wollen deutlich. ‘Man kann sagen, dass Menschen, die nicht geimpft sind, noch in die Geschäfte gehen können und ansonsten ausserhalb der Arbeit weitestgehend von gesellschaftlichen Veranstaltungen ausgeschlossen sind‘, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)“ (WAZ, 24.11.21).

So werden Menschen in ihrer Freizeitbetätigung eingeschränkt. Ihnen wird mitgeteilt, wozu sie da sind: zum Arbeiten und zum Abliefern ihrer Kaufkraft. Denn ob geimpft oder nicht, der Weg zur Arbeit muss immer offen bleiben in der Pandemie, die Wirtschaft soll schliesslich so wenig wie möglich eingeschränkt werden – und die braucht ihre Arbeitskräfte.

Und bist Du nicht willig, so brauch ich…

So steht gegenwärtig die Impfpflicht zur Debatte: Zunächst wurde sie für Kontakt- oder Pflegeberufe ins Gespräch gebracht, wobei man aber schnell auf die Notwendigkeit einer allgemeinen Impfpflicht einschwenkte: „In NRW werden angesichts der dramatischen Entwicklungen in der Corona-Pandemie die Rufe nach Einführung einer allgemeinen Impfpflicht lauter.“ (WAZ, 23.11.21) Und damit kam die Gewaltandrohung durch den Staat auf die Tagesordnung: „Die Möglichkeit des Staates könnte bei einem Ordnungsgeld beginnen, aber auch Freiheitsstrafen oder sogar die Zwangsimpfung sei denkbar.“ So Staatsrechtler Thiele in der WAZ.

Dabei wird überwiegend betont, dass die Impfpflicht nicht in Form polizeilichen Zwangs daherkommen soll. Der Staat setzt, wie üblich in dieser Gesellschaft, auf den sachlichen Zwang durch Geld. Wohl wissend, dass die Mehrheit seiner Bürger nur über eine sehr begrenzte Zahlungsfähigkeit verfügt, soll die Androhung eines Bussgeldes ihre Wirkung tun. Wer erwischt wird, muss zahlen. Dabei betonen alle Verantwortlichen und ihre Fürsprecher in den Medien, dass es sich bei der Impfpflicht nicht um einen Impfzwang handele: „Der Jurist betonte, dass Impfpflicht nicht Impfzwang bedeute. Man könne die Leute ‚ja schlecht mit der Polizei abholen‘.“ (WAZ, 23.11.21) Weil der Zwang nicht als persönlich durchgesetzter Gewaltakt daher kommt, sondern in Form einer angedrohten Geldbusse (in deren Hintergrund natürlich wieder eine Sanktionsgewalt steht), soll es sich nicht mehr um eine Zwangsmassnahme handeln.

Auch ein lautstarker Vertreter der Freiheitsrechte wie NRW-FDP-Chef und Familienminister Joachim Stamp weiss, warum diese Rechte einzuschränken sind: „Eine Impfpflicht sei ein massiver Grundrechtseingriff, der aber notwendig werden könne, wenn wir anders nicht aus der Spirale anderer Grundrechtsbeschränkungen kommen“. (WAZ, 24.11.21) Zwar gelten Grundrechte – gerade bei den Vertretern des Liberalismus – als etwas Absolutes, doch zu ihrer eigenen Rettung steht einer Abschaffung oder Begrenzung nichts im Wege, es sei denn, eine solche Einschränkung wäre nicht notwendig, also unverhältnismässig: „Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sagte der ‚Welt‘, eine allgemeine Impfpflicht dürfte unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ‚unverhältnismässig und damit verfassungswidrig sein‘.“ (WAZ, 23.11.21)

Woran sich die Verhältnismässigkeit zu messen hat, ist allerdings ein schwieriges Problem: „Die verfassungsrechtlichen Bedenken wiegen schwer. Angesichts einer Sterblichkeitsrate von 30 Prozent bei Pocken haben Richter 1959 die Impfung als verfassungsgemäss eingestuft. Das lässt sich bei Corona mit einer Letalitätsrate von unter zwei Prozent schwerer sagen. Zumal das Risiko verschieden verteilt ist – bei Kindern und Jugendlichen ist es kaum messbar“. (Matthias Iken, WAZ, 23.11.21) Der Staat ist also hier als die hoheitliche Instanz gefragt, die über Leben und Tod bestimmt. Ihm stellt sich die Frage, wie viele Tote hinzunehmen sind und ab wann er Staat seine Bürger zu Gegenmassnahmen verpflichten darf.

Grosser Wert wird in der Öffentlichkeit auch darauf gelegt, dass die Impfpflicht sich durchaus mit der Freiheit des Bürgers und seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit verträgt. Dieses „unveräusserliche“ Recht findet nach offiziellem Verständnis sowieso seine Schranke am Unversehrtheitsanspruch des anderen, der sich ebenfalls seine Rechtseinschränkung gefallen lassen muss. Das Freiheitsrecht selber soll nicht beeinträchtigt sein, wenn seine Geltung beschränkt wird: „Eine Impfpflicht ist kein Verstoss gegen die Freiheitsrechte“, schreibt die FAZ; „vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen“ (zit. nach SZ, 24.11.21).

Rechtskundige und Ethikkommissionsmitglieder wissen ja gleich zu verkünden, dass zur Freiheit auch Verantwortung gehört, nämlich für die anderen, d.h. für das grosse Ganze, dessen störungsfreier Ablauf, der Erhalt und die Mehrung ökonomischer wie politischer Macht, gewährleistet sein muss.

Und mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmässigkeit der bisherigen Pandemiemassnahmen herrscht nun Klarheit: Der Staat darf das, was er in seine Gesetze geschrieben hat und was er auf deren Grundlage zur Abwehr einer Notlage unternimmt. Auch dank dieser Rechtssicherheit dürfte es bei den massgeblichen Stellen keine Vorbehalte mehr gegen eine Impfpflicht geben.

Fazit

Das Volk, das sich allem Anschein nach mehrheitlich mit dieser neuen Ansage arrangiert, hat abzuwarten, was konkret an Pflicht oder Zwang verordnet wird. Wer hier zur Skepsis neigt, sollte nur eins bedenken: Nicht das Impfen ist das Problem, sondern die – auf Geschäft und Gewalt basierende – Gesellschaft, in der es stattfinden soll.

Suitbert Cechura

Zuerst erschienen bei „krass und konkret“

Vom Autor ist zum Thema folgendes Buch erschienen: Unsere Gesellschaft macht krank - Die Leiden der Zivilisation und das Geschäft mit der Gesundheit, Tectum-Verlag Baden-Baden 2018