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Ja, das war erst der Anfang! 

Ein Beitrag zur antifaschistischen Debatte und Praxis!

Uns wundert nicht, dass sich Mitglieder der AFD mit solchen der CDU, militanten Neonazis und reichen Unternehmern treffen und miteinander völkische und rassistische Ideen diskutieren.

Bemerkenswert finden wir allerdings, dass Faschist_innen aktuell nicht mehr diskutieren, wie sie an die Macht kommen können, sondern was zu tun ist, wenn sie an der Macht sind!fas08

Wir finden es bemerkenswert, dass auf der einen Seite legale Maßnahmen besprochen werden, wie migrantisch definierte Personen abgeschoben werden könnten und gleichzeitig SA-Strategien völlig selbstverständlich Teil der Überlegungen sind - gegen Menschen, die legal nicht abzuschieben sind und politische Gegner_innen.

Und wir finden bemerkenswert, wie dreist sich militante Neonazis in der Exekutive, z.B. als wissenschatliche Mitarbeiter der AFD, in Positionen bringen, in denen sie Anti-Antifa mit erweiterten Befugnissen betreiben können.

Das bekannt gewordene Treffen von Potsdam zeigt uns, wie weit die Faschist_innen in ihren Diskussionen und Planungen zur Machtergreifung bereits sind - und wie weit sie bis ins bürgerliche Lager Verbündete haben.

Dies wäre nicht möglich, ohne eine bürgerliche Presse, die immer Sommerinterviews mit Faschist_innen führt und ihnen regelmäßig beste Sendeplätze garantiert.

Dies wäre nicht möglich, ohne einen unausgesprochenen Konsens bürgerlicher Politiker_innen, Rassismus permanent zu verharmlosen und Migration stattdessen zu problematisieren.

Dies wäre auch nicht möglich, ohne eine bürgerliche antilinke Politik, die seit der Gründung der BRD Antifaschist_innen bekämpft und die diesen Kampf momentan unter einer SPD-Innenministerin völlig eskaliert. Es wäre nicht möglich ohne eine falsche wie dumme Extremismustheorie, nicht ohne eine gesamtgesellschaftliche Hetze gegen den sogenannten Linksextremismus - gegen Antifaschismus.

Die wachsende Stärke des Faschismus sagt etwas über die Gesellschaft aus, in der er ersteht. Sie nährt ihn.

Es ist circa sechs Jahre her, da erschienen in autonomen und antifaschistischen Publikationen Debattenbeiträge zur Frage einer Faschisierung. Unter dem Eindruck erster Wahlerfolge der AFD, von Restriktionen gegen Geflüchtete, der Aufdeckung des faschistischen Nordkreuz-Netzwerkes und einem europäischen Rechtstrend wurden Fragen aufgeworfen. Setzen sich die Wahlerfolge völkischer Parteien fort? Ist die faschistische Option eine realistische? Ist dies erst der Anfang oder entspringen diese Überlegungen eher einem beschränkten katastrophischen Denken und alles kommt doch ganz anders?

Seitdem ist einiges passiert. Wir können keine umfassende Analyse erstellen, aber wir wollen ein paar Beobachtungen, Thesen und Einschätzungen zur Diskussion stellen.

Auch wir sehen mit Grauen den Aufstieg der AFD, die rassistische Dynamik der "Migrationsdebatte" und die sich ausbreitenden völkischen Gebiete in Deutschland. Wir blicken mit Sorge auf die Möglichkeiten der Machtausübung durch Faschist_innen, die ihnen die Landtagswahlen 2024 bieten. Wir schreiben diesen Text, weil wir eine Wiederbelebung der Auseinandersetzung über den Stand der Faschisierung in Deutschland und Europa für dringend nötig halten.

Wir müssen unsere politischen Kämpfe und unseren antifaschistischen Widerstand an eine realistische Einschätzung der Bedingungen anpassen. Dafür brauchen wir die Debatte, sowie den Verstand und den Mut vieler.

Vor kurzem gingen in Deutschland Millionen Menschen auf die Straßen und demonstrierten gegen die AFD, gegen Rassismus gegen Abschiebe-Phantasien, die diejenigen von rot-grün-gelb-schwarz noch übertreffen. Erleben wir endlich ein Aufbegehren gegen die globale Tendenz der demontration mit schilderFaschisierung? Oder steht hier das Bürgertum auf, um einer sittlicheren Form autoritärer Herrschaft, samt rechtsstaatskonformer Interierungs- und Abschiebepraxis, das Wort zu reden? Auf den Bühnen der Republik stehen schließlich die Verantwortlichen für die rassitische "Migrationsdebatte" und das Töten an den EU-Grenzen. Auf den Bühnen stehen diejenigen, die brutal militante Antifascht_innen mit Repression überziehen und lassen sich als Antifaschist_innen feiern. Was ist da los? Kann es gelingen, auf die Weise der Tendenz der Faschisierung etwas entgegenzusetzen? Wie agieren wir als autonome Antifaschist_innen? Taugt der Begriff "Faschisierung", um zu beschreiben, was die gesellschaftliche Tendenz ist?

Parlamente und Wahlen

In Deutschland liegt die AFD in bundesweien Wahlumfragen mit Werten um die 20% inzwischen auf dem zweiten Platz. In Sachsen, Brandenburg, MV, Thüringen und Sachsen-Anhalt ist sie in Umfragen die stärkste Partei. Auch die Zahl derer steigt die sich prinzipiell vorstellen könnten, die AFD zu wählen; das Wähler_innenpotential nimmt zu.

Wir gehen nicht davon aus, dass die AFD nach der nächsten Bundestagswahl Teil einer Regierungskoalition wird, selbst wenn sie zweitstärkste Partei würde. Zuvor wird es, vielleicht in wenigen Jahren, eine Regierungsbeteiligung auf Länderebene geben, die einen weiteren Normalisierungsprozess bewirkt. Wir meinen die Normalisierung des Umstandes, das Faschist_innen legislative Macht ausüben. Auf kommunalplitische Ebene läuft die Zusammenarbeit zwischen AFD und anderen Parteien ja schon längst.

Die Folgen sind im Lokalen bereis sichtbar. Für viele nicht-rechte Initiativen bedeutet diese Zusammenarbeit das Ausbleiben von Fördergeldern.

Aber wir wissen, nicht erst seit dem Potsdamer Treffen, dass weit Schlimmeres droht, wen Faschist_innen Zugriff auf die Schlüsselpositionen der Macht bekommen.

Die AFD und die miltante Rechte

Während sich in der AFD parteiinern der völkische "Flügel" durchgesetzt hat, betrachtet die militante Rechte die AFD als (inhaltlichen) Türöffner. In der bisher durch eine ungeklärte Führungsfrage zerstrittenen Szene finden Einigungsprozesse statt. Prominentestes Beispiel ist die Fusion der Parteien Die Rechte und NPD zu "Die Heimat". Aus einer Perspektive der Stärke heruas wird formuliert, dass heute Distanzierungen gegenüber Neonazis bei bürgerlichen Protesten vielerorts nicht mehr vorhanden seinen. Das ließ sich sehr anschaulich 2012 und 2022 während der rechtgen Mobilisierungen gegen die Corona-Politik der Regierung beobachten, sowie zuletzt bei einigen Demonstrationen gegen die Agrarpolitik.

Nicht zuletzt gibt es noch die Naziprepper, die auf eine Erzählung vom "Tag X" (also einem Zeitpunkt "nationaler Erhebung") fokussieren, die sich in organisertem Straßenterror, Progromen, bewaffnetem paramilitärischen Agieren und Putchfantasien ausdrückt. Manche versuchen diesen Zeitpunkt aktiv auszulösen, andere warten und bereiten sich durch Preppen und Bewaffnung vor. Für die Option eines Putschversuches würden deutsche Sicherheitbehörden eine nicht unerheblich Rolle spielen. Wir können nicht gut überblicken, wie weit eine Verstrickung zwischen militanter Rechter, Polizei und Militär geht, wir können nur registrieren, dass regelmäßig extrem rechte Netzwerke in deutschen Sicherheitsapparaten auffliegen und anscheinden etliche Bullen und Militärs dem "Tag X" entgegenfieberen. Wir haben gesehen, dass Faschisten die aufflogen teilweise ihre Waffen behalten durften und dass es kaum juristische Konsequenzen gab. Gleichzeitig gab es durchaus ein Aufwachen von Teilen des loylen Staatsapparates. Es gab einige Versetzungen in den Gehiediensten und in der Bundeswehr -  aber das war alles recht halbherzig; die hegemonialen Kämpfe zwischen bürgerliche Neoliberalismus und völkische Nationalismus bestehen jedenfalls fort, auch wenn sich in der Merz-CDU deutliche Schnittmengen bilden.

Es wäre gut, wenn Andere dazu eine Einschätzung wagten. Wie weit sind die Poizeien, das Militär und die Justiz von Faschist_innen durchsetzt? Wir können nur spekulieren, dass diese Tendez sich in den letzten sechs Jahren relativ ungebrochen fortgesetzt hat. Dies Frage ist wichtig, denn wenn die staatlichen Strukturen, zumindest auf Länderebene, bereits stark personell und ideologisch faschistisch durchsetzt wären, wäre eine AFD-Landesregierung schnell in der Lage, Widerstand zu brechen, weil der AFD dann sofort eine willige Exekutive zur Verfügung stünde. Die Judikative verfogt Antifas bereits jetzt unnachgiebig, sie ist in weiten Teilen schon jetzt Handlager der Rechten.

Europa

In Schweden erlangten die Schwedendemokraten über 20% der Stimmen und tolerieren als zweitstärskte Partei eine konservative Minderheitsregierung. In Finnland sind die "Wahren Finnen" als zweitstärkste Partei an der Regierung beteiligt, der offene Neonazi Wille Rydman war kurzzeitig Wirtschaftsminister. Umfragen sehen die FPÖ zur Nationalratswahl in Östereich im Herbst 2024 bei 32 Prozent und die Umfragen für die Wahl in 2026 in Frankreich attestieren den extrem rechten Parteien massive Zugewinne.In den Niederlanden hat der Rassist Geert Wilders gerade die Wahlen gewonnen (es ist ihm jeodch nicht gelungen, eine Regierung zu bilden).

Wenn wir uns gerade die italienischen Entwicklungen vergegenwärtigen, wo die Faschistin Meloni gewählt wurde, stellt sich uns die Frage, warum Faschist_innen in Machtpositionen nicht umgehend Faschismus errichten. Da regiert eine Meloni in Italien und was passiert? Sie setzt sich für restriktive Migrationsregelungen ein und greift die geschlechterspezifische Liberalisierung an. Aber sie ist nicht bloß eine weitere Konservative, sie ist eine waschechte Faschistin Warum also wandelt sie Italien nicht in einen faschistischen Staat um?

Das würde zuallererst heißen, den Parlamentarismus und die Gewaltenteilung abzuschaffen, dann den inneren Feind auszuschalten, also alle bürgerlichen und linken antifaschistischen Kräfte, dann die Institutionen der gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse anzugreifen, also mindestens die Gewerkschaften. Und schließlich würde das heißen, die Migration zu unterbinden und Deportationen zu vollziehen. Damit wäre eine faschistische Machtbasis gesichert, die Angreifbarkeit minimiert, die imganierte Volksgemeinschaft homenisiert und vor der Austragung von Interessensgegensätzen "geschützt" Davon ist Italien weit entfernt. Allerdings macht sich die Meloni-Regierung zielstrebig an die Arbeit. Ihre Regierung hat parlamentarisch durchgesetzt, dass der Premier direkt gewählt wird und in einer Legislatur nur noch durch eine Person ersetzt werden kann, die mit diesem "in Verbindung" steht. Wer die Wahl gewinnt, soll 55% der Parlamentssitze in beiden Kammern erhalten Eine 2/3-Mehrheit haben die Faschist_innen zwar nicht im Parlament, aber eine einfache Mehrheit reicht erstmal, um diese Veränderungen durchzusetzen. Sie könnten dann per Referendum gekippt werden. Meloni hat schon angekündigt, dass sie in einem solchen Fall Regierungschefin bliebe. Am Umbau der Machtstrukturen wird also systematisch gearbeitet. Und das unterscheidet Meloni von ihren rechten Vorgängern. Auch der Kampf um kulturelle Hegemonie ist voll entbrannt. Nationalismus, Rassismus und Chauvinismus sind allgegenwärtig. Die Faschist_innen in Italien bauen den Staat in einen faschistischen um! Aber langsam und nicht allzu plump. Das unterscheidet ihre Strategie bisher von der tumben deutscher Rechter, weswegen es zu Unstimmigkeiten zwischen Meloni und der AFD kam, deren "Remigrationspläne" als strategisch unklug gelten. Inzwischen laufen Gespräche. Wir sind uns sicher, dass die AFD dazulernen wird.

Ungarn, wo Orban inzwischen autokratisch regiert, ist da schon viel weiter. Der Staat ist dort weitgehend umgebaut. Orban ist jedoch immer wieder mit EU-Sanktionen konfrontiert. Wir denken, dass hier ein Grund für die italienische "Zurückhaltung" liegen könnte. Durch Faschist_innen regierte Eu-Mitgliedsstaaten können bei einem Verbleib in der EU eine faschistische Programmatik nicht EU-konform umsetzen. Ein Austritt bei gleichzeitigem Fortbestehen der EU würde das jeweilige Land aber - siehe BREXIT - wirtschaftlich ruinieren. Auf dem Parteitag der AFD im August in Magdeburg wurde entsprechend kein Austritt aus der EU gefordert, sondern ihre Transformation hin zu einem "Bund euopäischerNationen" Also eine Beibehaltng des Freihandels bei gleichzeitigem Ende dessen, was man als „Einmischung in die Souveränität der Mitgliedsstaaten“ bezeichnet. Eine solche Transformation der EU ist aber nicht ohne Deutschland oder Frankreich zu haben, immerhin galten bisher die beiden Länder zusammen mit Italien als ihre tragende Säulen.

Inzwischen verschieben sich aber auch in der EU die Gewichte. Circa 25% der Abgeordneten des Europaparlaments sind heute extrem rechts. Die Prognosen für die kommende Europawahl 2024 gehen von einem weiteren Rechtsruck aus. Wenn die Mehrheitsverhältnisse im europäischen Parlament sich zugunsten der Rechten ändern und zugleich sie die Zusammensetzung des Europäischen Rats nach rechts verschiebt, und in Folge die der Kommission, wäre eine essentielle Tranfsformation der EU denkbar. Ein schlechender Wandel ist bereits im vollen Gange. Wir müssen uns ja nur den gerade beschlossenen EU-“Migrationspakt“ anschauen.

 Warum?

Wir finden es wichtig, bei diesen Entwicklungen die Frage nach dem „Warum“ und „Warum jetzt?“ miteinzubeziehen. Wir nehmen an, dass sich der historische Faschismus auch aufgrund einer Angst von Kapital, Groß- und Kleinbürgertum vor der damals durchaus realistischen Option der sozialen Revolution durchsetzen konnte, weil der Faschismus sich als Hüter und Bewahrer des kapitalistischen Eigentums verstand. Warum erstarken die Faschist_innen heute so sehr, obwohl gerade wahrlich keine soziale Revolution in Sicht ist? Vielleicht müssen wir bei all dem die These, dass der Faschismus für den Erhalt und die Absicherung von Privilegien stand und steht ernster nehmen und uns fragen, was denn heute dies Privilegien sind und wo sie bedroht sind.

Uns fallen da vor allem drei Themen ein.

Kein Wunder, dass eine faschistische Bedrohung einhergeht mit einer Konzentration der extremen Rechten auf die Fragen nach Geschlecht und Sexualität, bzw. einen Kampf gegen Liberalisierungen in diesem Bereich. Hier werden sehr konkret heterosexuelle, männliche Vorrechte und Selbstverständlichkeiten, sowie patriachale Hegemonien an sich verteidigt, die in den letzten 30 Jahren immer wieder in Frage gestellt wurden.

Und, vielleicht noch wichtiger, das Thema Klimawandel. Es ist völlig klar, dass wir so nicht weiterleben können. Es wird auf viele Jahrzehnte globale Fluchtbewegungen und Kriege um Ressourcen, Nahrung und Wasser geben. Die imperialen Lebensstile und damit sämtliche neokoloniale Privilegien, Gewissheiten und gesellschaftliche Klammern stehen mit dem katastrophischen Klimawandel in Frage.

Ein dritter Aspekt: in der technologischen Entwicklung und den daraus folgenden geopolitschen Konkurrenzen gerät die EU gerade zwischen den USA und China ökonomisch ins Hintertreffen. Globale ökomonische Umstrukturierungen führen unter kapitalistischen Bedingngen zu Krisen und Krieg, bevor sich ein neues Ausbeutungs-Modell durchsetzt. Die alten Profiteure werden nicht unbedingt die neuen sein. Die Abstiegsängste des Bürgertums waren schon historisch ein Steigbügelhalter des Faschismus.

In solchen Zeiten multipler Krisen, in denen die Verhältnisse zwangsläufig instabiler werden, macht das Rennen, wer Stabilität zu garantieren verspricht. Denn es gibt zur Zeit in Europa keine starken Bewegungen, die im Bewusstsein des Kommenden emanzipatorische, revolutionäre Prozesse gestalten können.

Die Mehrheit der Menschen möchte weiterleben wie bisher – auch die „linken“. Dieser letztendlich vergebliche Versuch wir nur äußerst gewaltförmig und autoritär unternommen werden können.lebengegenverh

 

Erkenntnis und Handlung – Zwei Welten

Was heißt all das für uns? Wir finden es wichtig, verstärkt darüber zu sprechen, was die Faschisierung der Gesellschaften für uns und die Zukunft unserer politischen Praxis heißt. Dabei kommen wir nicht umhin, uns auch mit den schlimmsten Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Wir wollen überlegen, wie diese Entwicklung aufzuhalten ist oder zur Not, wie wir Widerstand in einem neuen Faschismus denken können. Wir wollen über Selbstschutz und Handlungsfähigkeit sprechen. Wie sieht eine Verhältnismäßigkeit der Praxis aus? Und wir wollen das alles besser verstehen. Wir wollen die gesellschaftlichen Kräfteverhälntisse besser einschätzen können. Wo steht das Kapital heute, wo die Bullen und wo das Militär? Was passiert in Europa, wenn in Frankreich Le Pen und in Deutschland die AFD an die Macht kommen? Welche Dynamik wird dadurch ausgelöst?

 Alle scheinen das Schlimmste zu erwartem. Oft hören wir, dass der Faschiesierung nicht mehr viel entgegengesetzt werden könne. Aber was bedeutet das? Was sind die Lehren aus den historischen Faschismen? Aus Deutschland weg ziehen, wenn die AFD an die Macht kommt? Auch uns fällt es schwer aus einer Analyse der Verhältnisse widerständige Handlungsoptionen abzuleiten. Aber das ist doch eigentlich der Kern politischen und revolutionären Denkens und Handelns! Wenn wir uns als Antifaschist_innen begreifen, müssen wir auch antifaschistisch handeln. Antifaschismus ist keine bloße Meinung – dann wäre Faschismus auch eine ebensolche. Es muss einen Unterschied machen für welche Seite man sich entscheidet. Nicht-Handlen ist eine Entscheidung.

Aber was bedeutet das? Kinder machen, Häuschen bauen, Bio-Einkaufserie gucken, Drogenrausch? Oder: Aus Deutschland wegziehen, wenn die AFD an die Macht kommt? Oder ist dies etwa besser? Mal mit „den Menschen“ reden und nett zu Allen sein?

Uns wird schwindelig, angesichts der weit verbreiteten Unfähigkeit, aus der Analyse der Verhältnisse widerständige Handlugsoptionen abzuleiten. Gilt noch der Schwur: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!?

 Das schizophrene Nebeneinander von Analyse und Handlung ist für uns schwer auszuhalten.aufgezogengif

Natürlich gibt es objektive Faktoren, die unseren Kampf erschweren. Wenn wir sagen, es gebe eine gesellschaftliche Tendenz der Faschisierung, die eine Reaktion auf ökonomische, ökologische und gesellschaftspolitische Veränderungen darstellt, dann sind die individuellen Handlungsmöglichkeiten zur Verhinderung der allgemeinen Tendenz offensichtlich ungenügend.

Zudem kann es zu einem Widerspruch zwischen der Absicht einer Handlung und ihrer Wirkung kommen.

Können die Demonstrationen gegen die AFD diese in die Schranken weisen oder ihnen Wähler_innen abspenstig machen? Oder festigt der Gegenwind ihre Anhänger_innen? Sind sie ein wichtiges Zeichen gegen den Faschsimus oder festigen sie unbewusst die Strukturen, die ihn erst hervorbringen?

Aber auch militante Optionen sind nicht vor solchen Hinterfragungen gefeit.

Es gibt sie wieder, die Diskussionen darüber, was die Auswirkungen wären, wenn man Führungspersonen der Rechten handlugsunfähig machte. Zum Beispiel: Wäre eine AFD ohne Höcke schwächer? Wachsen die Chancen , AFD-Parteitage tatsächlich zu verhindern?

Die Fragen sind nicht neu; aber sie werden wieder gestellt. Es ist uns wichtig, die Frage der Handlungsmöglichkeit in Zukunft so konkret wie möglich zu stellen, sich nicht zu drücken vor dem, was die Antworten bedeuten könnten. Auch wenn wir jetzt erst an dem Punkt sind, Fragen zu stellen und wenige Gewissheiten haben, so sind wir z.B. sicher, dass Faschist_innen sich nicht gewaltfrei bekämpfen lassen. Auch wenn das schön wäre. Zum Kampf gegen den Prozess der Faschisierung gehört allerdings noch einiges mehr als Gegengewalt. Uns müsste der Spagat gelingen, gesellschaftlich breite, stabile, solidarische antifaschistische Sttukturen aufzubauen ud gleichzeitig einen militanten Kampf gegen die Ermächtigung der Faschist_innen zu führen. Ein revolutionärer Antifaschsimus als breite Bewegung ist natürlich wünschenswert und nötig – aber sind wir ehrlich, eine Illusion.

Wir erleben selten eine offene Diskussion über diese Fragen. Hinter dem schulterzuckenden „Was soll man denn machen?“ verbirgt sich das Wissen um die unbequemen Antworten.

Wenn eine Handlung nicht den beabsichtigten Effekt hervorbringt oder hervorbringen kann, wozu ist sie dann gut? Diese Frage stellen sich Viele bezüglich der Klimakatastrophe und des Ökozids täglich. Ist jetzt auch die Antifa an diesem Punkt angelangt?

Angesichts der vielen Demos gegen die AFD halten wir es trotz aller Widersprüche und offenen Fragen für absolut wichtig, sich jetzt(!) in die Diskurse einzumischen und unseren Teil zum Gemischtwarenladen der entstehenden Praxen beizutragen. Vielleicht gibt es nur ein sehr kurzes Zeitfenster, in dem es gelingen kann, der Dynamik der Faschisierung ein Bein zu stellen. Wir denken, das könnte sich gerade geöffnet haben. In diesem Sinne: Nie wieder ist jetzt!

Antifaschist_innen ohne Notausgang